20.07.2020
Der Turm im See
Der Kirchenturm, der aus dem Reschensee hervorragt, ist das Wahrzeichen der Gemeinde Graun im Vinschgau. Dieser Anblick ist märchenhaft und faszinierend zugleich: aus dem 6 km langen See, vor der Bergkulisse des Langtauferer Tals, ragt der Turm einsam hervor. Heute steht er unter Denkmahlschutz und erinnert an das versunkene Dorf. Der Kirchenturm ist das Einzige, was von der früheren Heimat von fast 150 Familien noch übrig geblieben ist.
Ein faschistisches Projekt
Seit 1922 herrschte in Italien und somit auch in Südtirol der Faschismus. Im Jahre 1939 kam es zu einer Projektplanung des Großkonzerns "Montecatini", indem es dabei ging, den Reschen- und Graunersee um 22 Meter zu stauen. Das bedeutete für ganz Graun und auch für einem Teil von Reschen den Untergang. Durch den Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) verzögerte sich die Planung und die Bevölkerung des Obervinschgaus atmete erleichtert auf –zu früh jedoch. Schon zwei Jahre nach Kriegsende, im Jahr 1947, wurden die Arbeiten am Stauprojekt wieder aufgenommen.
Am Sonntag, dem 9. Juli 1950 fand in der Kirche der letzte Gottesdienst statt. Am Nachmittag brachte die Bevölkerung ihr Allerheiligstes in das St. Anna Kirchlein auf dem Hügel über dem Dorf. Am 16. Juli läuteten die Glocken des Kirchturms ein letztes Mal zum Abschied, was für alle Beteiligten ein unvergesslicher Augenblick war. Alle Bauten des Dorfes wurden gesprengt, nur der Kirchenturm wurde verschont. Dann kam es zur Umsetzung des Plans: die Schleusen wurden geschlossen und der Reschensee gestaut. Damit wurden 677 Hektar Boden überflutet und die Hälfte der Bewohner war zum Auswandern gezwungen. Viele Menschen verloren dadurch ihre Existenz.
Der Reschenseelauf
Die Gemeinde ist nicht nur wegen seines Turmes bekannt, sondern auch für den jährlich stattfindenden Reschenseelauf. Auch dieses Jahr fand er trotz der Umstände wie geplant am 18. Juli statt – mit einem ausgeklügelten Sicherheitskonzept. Der Start war dieses Jahr bei der Talstation des Schönebenlifts. Dort konnten die Teilnehmer die Startnummer und den Zeitnehmerchip abholen. Anders als in den letzten Jahren starteten die Läufer aber nicht zugleich. Der Zeitrahmen für den Start war von 07:00 - 19:00 Uhr und jeder konnte den 15,3 km langen Lauf in Angriff nehmen, wann er wollte.